Gedenkportal für die Opfer des
Nationalsozialismus der Stadt Korbach


Das nationalsozialistische Gewalt- und Unrechtssystem grenzte unter rassenideologischen Prämissen eine Vielzahl von Menschen aus der propagandistisch überhöhten „Volksgemeinschaft“ aus. Opfer waren Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschaftler, Juden, aber auch Anhänger anderer politischer Gruppierungen, Andersdenkende, überzeugte Christen, Pazifisten, Homosexuelle, Behinderte, Kranke, so genannte „Gemeinschaftsfremde“, Osteuropäer und sonstige Minderheiten.

Zahllose Korbacher und Korbacherinnen wurden von den Nationalsozialisten mitunter willkürlich als Angehörige einer bestimmten „Gruppe“ stigmatisiert, ausgegrenzt, verfolgt oder gar ermordet. Von vielen dieser jüdischen und nichtjüdischen Opfer ist bis heute nichts oder nur wenig bekannt. Das Online-Gedenkportal soll ein Licht auf beinahe vergessene oder unbekannte Schicksale werfen, an einzelne Opfer und Opfergruppen erinnern. Das Portal vermittelt einen Einblick über die Bandbreite von Ausgrenzung, Verfolgung und Vernichtung. Es gewährt exemplarische Einsichten in wichtige Problemfelder. Teilergebnisse können der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Die Zahl der in der NS-Zeit in Korbach aus politischen, religiösen oder rassistischen Gründen verfolgten Personen ist bis heute unbekannt. Bisher fehlt eine empirisch gesicherte Erfassung der Opfer. Ziel ist es zum einen, die Anzahl der Opfer zu ermitteln, zum anderen der Wunsch, verfolgte Leittragende des NS-Regimes vor dem Vergessen und der Anonymität zu bewahren. Berücksichtigt werden Personen, die in Korbach geboren, gemeldet, zur Zwangsarbeit verpflichtet, medizinisch behandelt oder verwaltungstechnisch geführt wurden – wenn auch nur vorübergehend.

Hinter jedem dieser Namen steht ein einmaliges Schicksal. Das Gedenkportal für die Opfer des Nationalsozialismus ist somit ein Denk- und Mahnmal für die von den Nationalsozialisten verfolgten und ermordeten Bürgern der Kreisstadt Korbach und zugleich ein Einstieg für jeden, der sich mit dem dunkelsten Kapitel deutscher Zeitgeschichte auf regionaler Ebene beschäftigen will.

„Opfer“ waren aber nicht nur jene, die durch Verfolgung ihr Leben verloren, auch diejenigen, die unter unsäglichen Bedingungen überlebten, seelische und körperliche Verletzungen davontrugen, deren Lebensplanung vernichtet wurde. Alle Schicksale können leider nicht gleichermaßen berücksichtigt werden, daher musste eine Begrenzung vorgenommen werden. Berücksichtigt werden primär die Schicksale Ermordeter, Deportierter, Internierter, zur Zwangsarbeit Verpflichteter oder zu Unrecht Verurteilter, also Schicksale von Personen, die u.a. durch unmittelbare Gewalteinwirkung, Verfolgung, Internierung, Gasmord, tödlichen Injektionen dem NS-Unrechtssystem und der Unrechtsjustiz zum Opfer fielen.

Der Bezug der Opfer zu Korbach wurde bewusst weit gefasst. So schließt das Online-Denkmal deutsche und ausländische Betroffene gleichermaßen ein, Menschen die nur zeitweise in Korbach gemeldet bzw. geführt waren oder Obdach fanden.

Die Einträge im Gedenkportal enthalten neben den persönlichen Daten (Name, soweit ermittelbar Geburtsdatum, Geburtsort, letzte Adresse / letzter Wohnsitz), Angaben über die Umstände des Todes.

Das Online-Gedenkportal ist noch in der Entstehung begriffen. Die Liste ist noch unvollständig, manche Schicksale konnten noch nicht adäquat gewürdigt werden, Lebensläufe sind zum Teil noch lückenhaft, manch Opferbiographie noch nicht ermittelt. Sukzessiv wird das Portal Erweiterung, Ergänzung und Modifikation erfahren. Verfolgung und Vernichtung ereigneten sich oft im Geheimen. Spuren wurden vernichtet, um die Verbrechen zu kaschieren. Änderungen sind daher vorbehalten.

Um mit dem Gedenkbuch der historischen Forschung eine fundierte biographische Quelle zur Verfügung zu stellen, können gesammelte Daten durch eine Suchfunktion erschlossen werden. Darüber hinaus werden die Schicksale in den Kontext der nationalsozialistischen Entrechtungs-, Verdrängungs- und Vernichtungspolitik gestellt. Soziale, politische, gesellschaftliche Veränderungen finden Berücksichtigung, Überblicksmaterialien, genealogische Hinweise, Schautafeln und Zeitungsartikel ergänzen die Sammlung.

„Keine Darstellung der Ereignisse vermag die Demütigungen, das Leid und Elend oder gar den grausamen Tod der Verfolgten des NS-Regimes nur annähend beschreiben.“ Ein individuelles Antlitz können wir ihnen allerdings zurückgegeben!


Marion Lilienthal



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