Schlageterpark und andere historische Stätten

(Umbenennung von  Straßen und Plätzen)

Historische Orte verweisen nicht nur auf räumliche Nutzungsformen, sondern geben Aufschluss über politische Veränderungen. Nicht nur der Korbacher Schlageterpark (heute Stadtpark), der Adolf-Hitler-Platz (Berndorfer-Tor-Platz), die Hindenburgstraße (Bahnhofstraße), Horst-Wessel-Feierstätte (Freilichtbühne) oder Göring-Kampfbahn (Hauer-Stadion) zeugen von  Propagandazwecken  national-sozialistischer Machtdemonstration.

Im historischen Kontext betrachtet, zeigen uns diese Orte, wie sich Machtübernahme und Gleichschaltung auf Korbach auswirkten: Straßen und Plätze bekamen Namen von NS-Größen, Hitler wurde zum Ehrenbürger der Stadt Korbach ernannt, Feste und Feiertage wurden zu Propagandazwecken instrumentalisiert.

Schlageter-Park-alt

Schlageterpark mit Feuerlöschteich (heute Stadtpark)

Nationalsozialismus und nationalsozialistisches Gedankengut etablierten sich aber nicht erst mit der „Machtübernahme“. Allein 12 waldeckische Gemeinden ernannten Adolf Hitler bereits vor der Machtübernahme im Frühjahr 1932 zum Ehrenbürger. Da mutet die Ernennung Adolf Hitlers und Paul von Hindenburgs im Sommer 1933  zu Ehrenbürgern der Stadt Korbach vergleichsweise spät an.

In einer Ansprache vor den Korbacher Stadtverordneten schlug am 28. März 1933 der damalige NSDAP-Ortsgruppenleiter und Stadtverordnetenvorsteher Heinrich Casselmann vor, Generalfeld-marschall von Hindenburg und Reichskanzler Adolf Hitler das Ehrenbürgerrecht der Stadt Korbach zu verleihen.

Wahl 29

Adolf-Hitler-Platz 193615

Die Bahnhofstraße sollte in Hindenburgstraße und der Berndorfertor-Platz in Adolf-Hitler-Platz umbenannt werden. Die neue Korbacher Kampfbahn sollte den Namen „Göringkampfbahn“ tragen. Zu Hitlers Geburtstag (20.4.1933) wurden erste neue Straßenschilder in Korbach enthüllt. Waldeckische Landes-Zeitung vom 20.04.1933:


Umbenennung Straßen
Wahl 29

Hindenburgstraße  (Bahnhofstraße), März 1936

Am 26. Mai 1933 teilte Ortsgruppenleiter Casselmann der Stadtverordnetenversammlung darüber hinaus mit, dass die Ortsgruppe der NSDAP beschlossen habe, dem NSDAP-Mitglied und deutschen „Nationalhelden“  Albert Leo Schlageter ein Denkmal zu setzen. Gleichzeitig wurde der Beschluss gefasst, den Stadtpark an der Heerstraße, der 1927 vom Stadtbaumeister Wilhelm Schleicher angelegt worden war,  in Schlageterpark umzubenennen.

Albert Leo Schlageter (1894-1923), von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilt und am 26. Mai 1923 auf der Golzheimer Höhe (bei Düsseldorf) hingerichtet, wurde von den Nationalsozialisten für ihre Zwecke missbraucht und zum Widerstandshelden stilisiert, der 1923 als Mitglied eines Stoßtrupps die französische Besatzung während der Ruhrbesetzung bekämpfte.

Schlageters Schicksal wurde instrumentalisiert. Die Nationalsozialisten machten aus Schlageter einen  ersten „Märtyrer ihrer Bewegung“. 1975 musste ein Teil des Schlageterparks dem Ausbau der Kreuzung Heerstraße/ Strother Straße weichen.

Schlageterpark von oben

 

Plätze und Straßen erhielten Namen nationalsozialistischer Prägung, z. B. die Hellvoigtstraße (heute Sandweg), benannt nach dem Ehrenstandartenführer Hellvoigt, der 1934 an den Folgen einer Schießerei mit Kommunisten verstarb.

Im September 1936 wurden auf Vorschlag des Ortsgruppenleiters weitere Straßenneu- bzw. umbenennungen vorgenommen. So entstanden der Langemarckweg, die Danziger Straße, Memelland-Straße (Wiesenstr.), die Litzmann (Friedrichstr.) -, Gustloff-, Skagerrak- und Messerschmidtstraße (Heideweg).

Die Gustloffstraße (heute „Am Kleeköppel“) erhielt ihren Namen nach dem NSDAP-Mitglied und Schweizer Landesgruppenführer Wilhelm Gustloff, der 1936 von einem jüdischen Bürger erschossen worden war.  Viele denken aber heute weniger an den NSDAP-Landesgruppenführer, sondern an das 1945 durch Alliierte versenkte deutsche Passagierschiff „Wilhelm Gustloff“.

Die Litzmannstraße war nach dem deutschen General und späteren Reichstagsabgeordneten der NSDAP Karl Litzmann benannt worden und steht heute noch synonym für die barbarische Vernichtungspolitik in Litzmannstadt (Lodz), dem größten jüdischen Ghetto in dem von deutschen Truppen besetzten Polen.

Nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur erfolgte die Umbenennung der Straßen mit nationalsozialistischem Hintergrund. Nur der Langemarckweg, die Danziger Straße und Skagerrakstraße blieben bestehen.

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