Bildungswesen
Den ersten Hinweis auf einen jüdischen Lehrer gibt der
Vermerk im "Seelenregister" des Jahres 1771
"Der alte Judeninformator hat sich zum
Christen-Thum bekehrt".
In den Folgejahren tauchen wiederholt die Bezeichnungen
"Der Rebbe", "Der Schulmeister und Informator" auf, ohne
dass die Namen genannt werden. Erst im "Seelenregister"
des Jahres 1808 ist ein 1744 geborener Samuel Bähr
(Baer) namentlich genannt, der als "Schulmeister, Rebbe
und Seifensieder" bezeichnet wird. Auch im Jahre 1826
ist "Rebbe Baer" im Register vermerkt.
Am 14. April 1823 erließ das Fürstlich Waldeckische Consistorium
in Arolsen die Verordnung über den Schulunterricht
der Judenkinder, durch die im Fürstentum die
Schulpflicht für die jüdischen Kinder eingeführt wurde.
Den Juden wurde aufgegeben, ihre Kinder in die öffentlichen
Schulen der Christen zu schicken, und sie an deren
Unterricht teilnehmen zu lassen, soweit er sich nicht
auf die Religion bezieht. Der Religionsunterricht wurde
weiterhin von jüdischen Lehrern erteilt. Die Schulpflicht
begann mit dem 7. Lebensjahr. Auf schulischem
Gebiet waren seit 1823 Juden und Christen gleichgestellt.
In der Verordnung von 1823 wurden die Ortsvorstände
und Lehrer dafür verantwortlich gemacht, dass die
Judenkinder mit gleicher Aufmerksamkeit wie die Kinder
der Christen zur Reinlichkeit, Ordnung und Anständigkeitsangehalten
werden, auch dass ihnen von keiner Seite eine
geringschätzige oder gar beleidigende Begegnung widerfahre.

Im Stadtarchiv ist eine Anfrage der Fürstlich Waldeckischen
Regierung vom 13.02.1826 vorhanden, in welcher der
Korbacher Stadtmagistrat um Auskunft zu folgenden Fragen
gebeten wird:
- ob und wo eine Synagoge für die Judenschaft
vorhanden,
- wie es mit dem Religionsunterricht der Judenkinder
beschaffen,
- ob eine kauschere Thora bei der Judenschaft
befindlich sei.
Der Stadtmagistrat berichtet am 15.04.1826, dass eine
Synagoge vorhanden sei, und dass die Judenkinder von dem
Schullehrer Baer Samuel und den Lehrern des hiesigen
Landesgymnasium unterrichtet werden.
Es ist bekannt, dass die jüdische Bevölkerung großen Wert
auf Bildung legte, was sich in Korbach darin zeigte, dass
bereits Ende des 18. bzw. Anfang des 19. Jahrhunderts
zahlreiche Schüler aus jüdischen Familien das Landesgymnasium
Korbach besuchten. Die Töchter aus jüdischen
Kaufmannsfamilien gingen durchweg in die "Höhere Töchterschule",
die man mit der heutigen Mittel- bzw. Realschule
vergleichen kann.
In der jüdischen Schule wurde durch jüdische Lehrer Religionsunterricht
gehalten und die Geschichte des jüdischen
Volkes gelehrt. Einige Zeit wurde auch Grundschulunterricht
erteilt, der 1921 eingestellt wurde. Seit
dieser Zeit gingen die jüdischen Kinder - soweit sie
nicht die weiterführende Schule besuchten - in die städtische
Schule.

Jüdische Schule Korbach 1912
I. Reihe: Lehrer David Köln, Louis Mosheim,
Johanna Kohlhagen, Hilde Schartenberg,
Rosi Katz, Röschen Haas, Karl Katz
II. Reihe: Artur Löwenstern, Elli Schartenberg, ?, ?,
Gustav Kohlhagen
III. Reihe: Hans Löwenstern, Louis Lebach,
Max Kohlhagen, Siegfried Kohlhagen,
Lili Mosheim, Angela Salberg,
Marta Schartenberg, Artur Kohlhagen,
Manfred Kohlhagen
von links nach rechts sind die Namen
angegeben

Jüdische Lehrer
- Samuel Baer
(auch Bähr)bzw. Baer Samuel
(evtl. identisch oder Vater und Sohn)
erwähnt in den Jahren
zwischen 1800 und etwa 1830
- Rabbiner Dr. Landauer
erwähnt Mitte des 19. Jahrhunderts
bis zum Jahr 1890.
Im Januar 1890 verzog Dr.
Landauer nach Braunschweig.
- Siegmund Nußbaum
* 11.10.1883 in Castrap
erwähnt 1907, legte im Okt.
1907 am Israelischen Lehrerseminar
in Kassel die 2. Lehrerprüfung
ab. Eheschließung am
18.08.1911 in Korbach mit
Johanne Löwenstern.
- Lehrer Grünstein
vermutlich Nachfolger von Lehrer
Nußbaum. Im Oktober 1910 verließ
er den Schuldienst und
wurde Kaufmann.
- David Köln
* 23.12.1887 in Ritschenwalde
im KZ verschollen
erwähnt zwischen 1912 und 1919,
heiratete 1920 die Korbacherin
Friederike (Frieda) Katz.
- Sally Wiesenfelder
* 6.11.1894 in Eiterfeld/Kreis
Hünfeld
11.10.1921 nach
Breitenbach verzogen
Lehrer von 1919 - 1921, Wiesenfelder
soll ein orth. Jude gewesen
sein, obwohl die Gemeinde
liberal war
- Lehrer Stern
Lehrer 1921 – 1926
- Louis Meyer
* 18.02.1880 in Hildesheim
+ 22.10.1967 in Köln
1926 aus Vöhl zugezogen, Lehrer
bis 1930, trat 1932 aus der jüd.
Gemeinde aus, 1937 nach Frankfurt/
Main verzogen
- Moritz Goldwein
* 16.02.1884 in Breuna
1930 aus Wanne-Eickel zugezogen,
Lehrer bis zur
Deportation 1942, danach
verschollen.
Vor Nr. 1, Samuel Baer, waren "Schulmeister'', auch "Rebbe"
ohne Namensnennung in den "Seelenregistern" erwähnt. Im
Register des Jahres 1771 ist vermerkt "der alte Judeninformator
hat sich zum Christen-Thum bekehrt". Hieraus ist
zu schließen, dass es seit der Niederlassung von Juden in
Korbach, das heißt seit der Gemeindegründung im Jahr 1770
Lehrer hier gegeben hat.
Vorsteher der jüdischen Gemeinde
Es sind nur einige Vorsteher bekannt, deren Namen sich aus
Briefen und sonstigen Archivakten ergeben:
- Lefman Ascher Katz
wurde Gemeindevorsteher bei der
Gemeindegründung 1770
- Sirnon Wittgenstein
erwähnt zwischen 1833 und 1851
- Samuel Mosheim
erwähnt zwischen 1852 und 1858
- Levi Mosheim
erwähnt seit 1858
- Jacob Markhoff
erwähnt vor 1913
- Edmund Mosheim
letzter Vorsteher vor Auflösung
der Gemeinde
- Bernhard Lebensbaum
nach 1945 war er Vertrauensmann
für alle die Juden betreffenden
Angelegenheiten. Eine Gemeinde
gab es nicht mehr
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